Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss

Wer unter Wirkung eines berauschenden Mittels ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führt, begeht eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG). Sofern dem Fahrer darüber hinaus eine rauschmittelbedingte Fahruntüchtigkeit nachgewiesen wird, erfüllt

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sein Verhalten nicht mehr den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit, sondern des § 316 Strafgesetzbuch (StGB). Sofern hiermit eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer verbunden ist, ist der Tatbestand des § 315c StGB erfüllt.

Objektiver Tatbestand 

Die berauschenden Substanzen sind in der Anlage 2 zu § 24a Abs. 2 StVG abschließend aufgeführt.


Andere, als die dort aufgeführten Substanzen, fallen somit nicht unter den Anwendungsbereich des § 24a StVG.

Der Nachweis der in der Anlage 2 aufgeführten Substanzen reicht für sich allein genommen noch nicht für eine Ahndung aus. Erforderlich ist zudem, dass der Wirkstoff zum Tatzeitpunkt noch eine berauschende Wirkung hatte. Hiervon ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann auszugehen, wenn eine Wirkstoffkonzentration festgestellt wurde, die eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit zumindest als möglich erscheinen lässt. Dies vor dem Hintergrund, dass Wirkungs- und Nachweisdauer nicht grundsätzlich übereinstimmen. Aus diesem Grund orientieren sich die Gerichte an den von der Grenzwertkommission beschlossenen analytischen Grenzwerten. Sofern diese erreicht sind, ist von einer berauschenden Wirkung der betreffenden Substanz auszugehen. Von der Grenzwertkommission wurden unter anderem die folgenden analytischen Grenzwerte festgesetzt:

Berauschendes Mittel        Substanzen                     Analyt. Grenzwert

Cannabis      Tetrahydrocannabinol (THC)                    1 ng/ml

Heroin                              Morphin                                10 ng/ml

Morphin                           Morphin                                10 ng/ml

Kokain                             Kokain                                  10 ng/ml

Kokain                             Benzoylecgonin                     75 ng/ml

Amphetamin                     Amphetamin                          25 ng/ml

Designer-Amphetamin      Methylendioxyamphetamin (MDA)           25 ng/ml

Designer-Amphetamin     Methylendioxyethylamphetamin (MDE)     25 ng/ml

Designer-Amphetamin      Methylendioxymethamphetamtin (MDMA) 25 ng/ml

Metamphetamin                Metamphetamin                   25 ng/ml

Wird der analytische Grenzwert nicht erreicht, kommt eine Verurteilung nur dann in Betracht, wenn aufgrund des Rauschmittelkonsums Leistungsbeeinträchtigungen festgestellt wurden, insbesondere wenn es sich um typische Ausfallerscheinungen, die auf eine rauschmittelbedingte Wirkung zur Tatzeit schließen lassen, handelt. Diese Ansicht wird allerdings nicht von allen Gerichten geteilt. Das Oberlandesgericht Bamberg (Beschluss vom 08.08.2005) vertritt die Auffassung, dass der Tatbestand bei einer Wirkstoffkonzentration unterhalb der Grenzwerte auch dann nicht erfüllt ist, wenn rauschmittelbedingte Ausfallerscheinungen festgestellt wurden. Begründet wurde dies damit, dass es sich bei § 24a Abs. 2 StVG um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, bei dem es gerade nicht darauf ankommt, ob beim Kraftfahrer verkehrsrelevante Beeinträchtigungen auftreten und nachgewiesen werden können.

Der objektive Tatbestand des § 24a StVG ist dann nicht erfüllt, wenn die nachgewiesene Substanz auf die Einnahme eines Arzneimittels zurückzuführen ist. Allerdings auch nur dann, wenn das Medikament in einem Krankheitsfall ärztlich verordnet und es bestimmungsgemäß eingenommen wurde. Im Fall eines Medikamentenmissbrauchs ist der Tatbestand jedoch erfüllt, weil das Arzneimittel bestimmungsgemäß eingenommen wurde.

Zu beachten ist in derartigen Fällen jedoch, dass auch bei einer ordnungsgemäßen Einnahme eines ärztlich verordneten Medikamentes eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB oder Straßenverkehrsgefährdung § 315c StGB erfolgen kann, sofern dem Fahrzeugführer Fahrunsicherheit infolge des Medikamentenkonsums nachgewiesen werden kann. 

Subjektiver Tatbestand

In subjektiver Hinsicht ist entweder Vorsatz oder Fahrlässigkeit erforderlich.

Vorsatz bedeutet, dass dem Betroffenen die rauschmittelbedingte Wirkung der Substanz bewusst war und er trotzdem am Straßenverkehr teilgenommen hat.

Allerdings wird dem Betroffenen in vielen Fällen kein Vorsatz nachzuweisen sein, insbesondere dann, wenn zwischen Einnahme des Rauschmittels und der Tat ein längerer Zeitraum verstrichen ist.

Für eine Bestrafung ist es jedoch ausreichend, wenn Fahrlässigkeit nachgewiesen wurde. Für die Annahme von Fahrlässigkeit genügt es, wenn der Betroffene mit der Möglichkeit rechnen musste, dass sich das Rauschmittel bei Fahrtantritt noch nicht vollständig abgebaut hat und deshalb noch wirken kann. Dass der Betroffene wegen des Zeitablaufs nicht mehr mit einer Wirkstoffkonzentration rechnen musste, entlastet ihn nicht ohne weiteres, da nach Ansicht einiger Oberlandesgerichte eine entsprechende Pflicht zur Selbstprüfung besteht.

Fahrlässigkeit ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn die Fahrt in zeitnahem Zusammenhang mit dem Rauschmittelkonsum gestanden hat. Lag jedoch zwischen der Einnahme des Rauschmittels und der Tat ein längerer Zeitraum kann – ebenso wie bei einer nur geringfügigen Überschreitung des Grenzwertes – aus dem ermittelten Wert nicht immer auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit geschlossen werden.Fraglich ist in diesem Zusammenhang, wann von einem „längeren Zeitraum“ auszugehen ist.

In einem Beschluss vom 01.09.2009 hat das Oberlandesgericht Koblenz ausgeführt, dass dem Betroffenen nachgewiesen werden muss, dass er während der Fahrt die Möglichkeit der fortbestehenden Wirkung des Rauschmittelkonsums entweder erkannt hatte oder hätte erkennen können und müssen. Hierfür reicht das Wissen um den vorausgegangenen Drogenkonsum in der Regel nicht aus. In dem zu entscheidenden Fall wurde bei dem Betroffenen eine Konzentration von 1,8 ng/ml THC festgestellt. Da der Grenzwert von 1,0 ng/ml nur leicht überschritten wurde, sprach dies für das OLG Koblenz für einen länger zurückliegenden Konsum oder einen geringfügigen Konsum mit der Folge, dass der Betroffene nicht ohne weiteres erkennen konnte oder erkennen musste, zum Zeitpunkt der Fahrt noch unter der Wirkung der Substanz zu stehen.

Das Oberlandesgericht Celle hat in seinem Beschluss vom 09.12.2008 ausgeführt, dass es an der Erkennbarkeit einer fortdauernden Wirkung von Cannabis dann fehlen kann, wenn zwischen dem Rauschmittelkonsum und dem Fahrtantritt eine größere Zeitspanne liegt. Eine solche Zeitspanne kann bereits nach etwa 23 Stunden vorliegen. Allerdings lag auch in diesem Fall der THC-Gehalt von 2,7 ng/ml nur geringfügig über dem analytischen Grenzwert. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle klargestellt, dass die Rechtsprechung ab einer Konzentration  des THC-Gehalts von 75 ng/ml von einem zeitnahen Konsum ausgeht. 

Rechtsfolgen

Das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Wirkung eines berauschenden Mittels wird mit einer Geldbuße von 500,00 € und einem Fahrverbot von einem Monat geahndet. Zudem werden zwei Punkte im Fahreignungsregister eingetragen.Wenn zum Tatzeitpunkt bereits eine Entscheidung wegen des gleichen Tatbestandes im Fahreignungsregister eingetragen ist, wird eine Geldbuße von 1.000,00 € mit einem Fahrverbot von zwei Monaten verhängt. Ferner werden zwei Punkte im Fahreignungsregister eingetragen.Sind zum Tatzeitpunkt bereits mehrere Entscheidungen wegen des gleichen Tatbestands  eingetragen, wird eine Geldbuße von 1.500,00 € mit einem dreimonatigen Fahrverbot verhängt. Auch in diesem Fall werden zwei Punkte in das Fahreignungsregister eingetragen. 

Fazit

In der anwaltlichen Praxis ist festzustellen, dass sowohl bei routinemäßigen wie auch anlassbezogenen Verkehrskontrollen nicht nur ein Alkoholtest, sondern in zunehmendem Maße auch ein Drogenscreening durchgeführt wird. Es ist sicherlich nicht zu bestreiten, dass es in vielen Fällen keine erfolgversprechenden Verteidigungsmöglichkeiten gegen ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gibt. Aber in den Fällen, wo zwischen dem Drogenkonsum und der Fahrt ein längerer Zeitraum liegt und die Wirkstoffkonzentration unterhalb bzw. leicht oberhalb des analytischen Grenzwertes liegt, bestehen durchaus Erfolgsaussichten.

Wichtig ist aber – wie grundsätzlich in sämtlichen Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren – gegenüber den Ermittlungsbehörden, insbesondere den Polizeibeamten vor Ort keinerlei Angaben zum Sachverhalt zu erteilen. Einerseits dürfen die Ermittlungsbehörden hieraus keine nachteiligen Rückschlüsse ziehen, andererseits besteht immer die Gefahr, dass sich der Betroffene selbst belastet und durch seine Äußerungen einen  Tatnachweis erst ermöglicht. Zudem werden bei Verfahren wegen Drogenkonsums die Fahrerlaubnisbehörden informiert, so dass Angaben zum Drogenkonsum von den Fahrerlaubnisbehörden ebenfalls verwertet werden können. Denn die Fahrerlaubnisbehörden prüfen in einem gesonderten Verwaltungsverfahren, ob dem Fahrerlaubnisinhaber aufgrund des Drogenkonsums die Fahrerlaubnis zu entziehen ist.

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Hofmeister, Arnstadt, am 09.05.2014 eingestellt