Wenn ein Unfallgeschädigter nach einem Verkehrsunfall Vorschäden nicht angibt oder diese leugnet, kann dies zur Folge haben, dass trotz klarer Haftungslage der unfallbedingte Schaden nicht durch den Unfallverursacher bzw. durch dessen Haftpflichtversicherer zu ersetzen ist.Der Grund hierfür ist in derartigen Fällen, dass sich oftmals nicht eindeutig klären lässt, welcher der Schäden durch den Unfall neu entstanden ist und welche Schäden bereits vorhanden waren.
Das Oberlandesgericht Köln hat hierzu in einer älteren Entscheidung aus dem Jahre 1999, (Aktenzeichen 16 U 33/98) ausgeführt, dass auch die eindeutig auf das betreffende Verkehrsunfallereignis zurückzuführenden Schäden dann nicht zu ersetzen sind, wenn der Geschädigte zu den nicht kompatiblen Schäden keine Angaben erteilt bzw. er das Vorliegen von Vorschäden bestreitet. Ihm ist deshalb kein Schadenersatz zu leisten, da sich aufgrund des Vorschadens nicht ausschließen lässt, dass auch die kompatiblen (aufgrund der Schadensbilder dem Unfallereignis zuordenbaren) Schäden auch durch das frühere Ereignis verursacht worden sein können.
Diese Auffassung vertritt nunmehr unter anderem auch das Amtsgericht Hamburg-Altona in seinem Urteil vom 26.01.2012 (Aktenzeichen 318c C 288/10). In dem Urteil wird ausgeführt, dass der Geschädigte aufgrund seiner Unredlichkeit nicht schutzwürdig ist und seinen Schadenersatzanspruch verwirkt hat, wenn sich herausstellt, dass nicht alle Schäden am Unfallfahrzeug durch den betreffenden Verkehrsunfall verursacht wurden und der Geschädigte die nicht übereinstimmenden Schäden nicht erläutert oder die Vorschäden bestreitet.
Eine einschränkende Auffassung vertritt hingegen das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 11.12.2008 (Aktenzeichen 1 U 181/07). Nach Auffassung des OLG steht dem Geschädigten selbst dann der Ersatz seines kompatiblen Schadens zu, wenn er unredlich ist und einen Vorschaden verschwiegen oder bestritten hat. Dies allerdings nur dann, wenn der Neuschaden von den Vorschäden eindeutig abgegrenzt werden kann. Nur für den Fall, dass eine eindeutige Abgrenzung nicht möglich ist, sieht auch das Oberlandesgericht Düsseldorf keinen Raum für einen Schadenersatzanspruch.
Fazit: um nicht Gefahr zu laufen, dass ein dem Grunde nach bestehender Schadensersatzanspruch nicht reguliert wird, sollten Vorschäden grundsätzlich angegeben werden. Sofern ein Schadensgutachten angefertigt wird, sollte der Sachverständige auf Vorschäden hingewiesen werden, damit er sie im Gutachten dokumentieren kann.
Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Ronald Hofmeister, Arnstadt, am 18.05.2013 eingestellt.