Die Mindestprofiltiefe eines Autoreifens beträgt 1,6 Millimeter. Wird dieser Grenzwert unterschritten, kann dies gemäß § 36 Abs. 2 StVZO in Verbindung mit Ziff. 213 BKatVO mit einem Bußgeld von 75,00 € geahndet werden. Fraglich ist, wie die Profiltiefe zu ermitteln ist, damit in einem Bußgeldverfahren auch mit der hierfür erforderlichen Sicherheit von einer Unterschreitung dieses Grenzwertes ausgegangen werden kann.
Festzuhalten ist zunächst, dass bei einem Reifen, bei welchem ganz oder teilweise überhaupt kein Profil mehr erkennbar ist, grundsätzlich davon auszugehen ist kann, dass kein ausreichendes Profil mehr vorhanden ist. Relevant sind daher die Fälle, wo sich das Reifenprofil im Grenzbereich befindet. Hierzu hat das Oberlandesgericht Hamm in dem Beschluss vom 05.07.1978, Aktenzeichen
3 Ss OWi 883/78, ausgeführt, dass bei Reifen, die nicht oder nicht teilweise glattgefahren sind, die Profilmaße nur mittels einer speziellen Tiefenlehre ausreichend sicher festzustellen sind. Eine bloße Inaugenscheinnahme der Reifen oder ein bloßes Abtasten mit der Hand genügt in diesem Grenzbereich nicht.
Allerdings ist es nicht erforderlich, ein geeichtes Messgerät zu verwenden. Hierauf hat das Thüringer Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 05.04.2007, Aktenzeichen 1 Ss 20/07, hingewiesen. Vom Thüringer Oberlandesgericht wurde hierzu weiter ausgeführt, dass bei der Verwendung eines nicht geeichten Profiltiefenmessers allerdings eine Messwerttoleranz zu Gunsten des Betroffenen zu berücksichtigen ist. Dies vor dem Hintergrund, dass bei ungeeichten Reifenprofilmessgeräten mit Abweichungen zu rechnen ist, da es sich hierbei vielfach um Schiebelineale einfachster Machart handelt, die üblicherweise als Werbegeschenke von Autohäusern, Tankstellen u. ä. ausgegeben werden.
Im Rahmen von Kontrollen verzichten Polizeibeamte mitunter auf eine Messung mittels eines Profiltiefenmessers, weil die im Profil befindliche Reifenverschleißanzeige, der sogenannte TWI (Tread-Wear-Indicators) angefahren ist. Dies genügt nach Ansicht des Thüringer Oberlandesgerichts aber nicht, um mit der hierfür erforderlichen Sicherheit von einer Unterschreitung der Mindestprofiltiefe auszugehen. Denn der Indikator zeigt nicht zwangsläufig auch einen Wert von 1,6 Millimetern an. Je nach Reifenhersteller kann dieser Indikator auch bei einer Profiltiefe von mehr als 1,6 Millimetern erreicht werden, um den Verbraucher dazu zu bewegen, frühzeitiger die Reifen zu wechseln. Nach Ansicht des Thüringer Oberlandesgerichts kann dem TWI deshalb nur dann ein Beweiswert beigemessen werden, wenn durch ein Sachverständigengutachten geklärt ist, mit welcher messtechnischen Präzision diese Abnutzungsindikatoren – allgemein oder für das vom Betroffenen verwendete Reifenfabrikat – herstellerseits in den Reifen eingelassen wurde.
Bemerkenswert an der Entscheidung des Beschlusses des Thüringer Oberlandesgerichts ist ferner der Umstand, dass der Betroffene gegenüber den Polizeibeamten zunächst selbst eingeräumt hat, dass seine Reifen lediglich ein Profil von 1,5 Millimeter hatten. Da sich dieses Geständnis lediglich darauf bezog, dass die Polizeibeamten mit ihrem Messgerät eine Tiefe von 1,5 Millimetern gemessen haben, war damit nicht hinreichend belegt worden, dass das Profil auch tatsächlich diese Tiefe hatte.
Wenn Reifen nicht die erforderliche Profiltiefe aufweisen, kann dies aber nicht nur bußgeldrechtliche sondern auch nachteilige versicherungsrechtliche Konsequenzen haben. Hierzu mehr unter der Rubrik „Versicherungsrecht“.
Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Ronald Hofmeister, Arnstadt, am 01.05.2013 eingestellt.